Fragen und Antworten zur Entstehung des LANCELOT-Projekts (Interview)

Von: Dieter Fragner, Unternehmensberater, Existenzgründercoach, in der KfW-Beraterbörse gelisteter Berater

Dr. Ilona Hündgen ist Geschäftsführerin der LearnGalaxy, des ersten Live-Online-Kompetenzzentrums für Live-Online-Training und -Technologie in Europa. Als Erfinderin und Hauptinitiatorin des Live-Online-Forschungsprojekts LANCELOT ist Frau Hündgen die Begründerin der Drittmittel-Bildungsforschung im Live-Online-Bereich in Europa.

Dieter Fragner:
Als ich mir Ihre LearnGalaxy-Websites angesehen habe, ist mir sofort das LANCELOT-Projekt aufgefallen. Zu dessen Entstehung würde ich Ihnen gerne einige Fragen stellen.

Dr. Ilona Hündgen:
Gerne.

Dieter Fragner:
Mit LANCELOT haben Sie, wie Sie sagen, europaweit das erste Projekt dieser Art. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, europäische Förderprojekte zu machen und ausgerechnet das LANCELOT-Projekt zu erfinden und zu beantragen?

Dr. Ilona Hündgen:
Das war eigentlich reiner Zufall, auch wenn ich nicht unbedingt an solche Zufälle glaube.
Ich war von einem Bekannten zu dessen „Tag des e-Learning“ in Stuttgart eingeladen.
Der Bekannte hatte zuvor an demselben e-Moderator-Kurs teilgenommen, den ich zuvor evaluiert hatte, daher kannten wir uns.
An diesem „Tag des e-Learning“ kam es zu der folgenschweren ersten Begegnung mit der Frau, mit der zusammen ich das LANCELOT-Projekt in der ersten Entstehungsphase ko-initiiert habe.
Die Frau hatte auf der Veranstaltung meines Bekannten 20 Minuten lang über „Moodle“ gesprochen, dabei war sie mir aufgefallen.
Wir haben uns am Ende der Veranstaltung zufällig an der Tür getroffen, bemerkt, dass wir beide aus München kamen, und die Visitenkarten ausgetauscht.
Irgendwann hatte ich zufällig die Idee, sie anzurufen und in Ismaning zu besuchen, einfach um zu sehen, was sie im Live-Online-Bereich macht.
Die Frau hatte damals in Ismaning ihr Homeoffice.
Ich fuhr ohne konkrete Vorstellung nach Ismaning und war sofort davon fasziniert, dass die Frau ausschließlich live online unterrichtete.
Das hatte ich in dieser Form nie zuvor gesehen; ich kannte bis dahin keine einzige e-Learning-Firma, die NUR Live-Online-Training anbot.

Ich hatte damals sofort die Idee, dass man aus diesem kleinen Unternehmen durch Fördermittel etwas Größeres und Einzigartiges machen konnte.
Das Sprachtraining als solches war nichts Neues, ebenso wenig die Nutzung von Live-Online-Räumen für Unterricht.
Mit einer besonderen Didaktik als Alleinstellungsmerkmal würde dieses Konzept jedoch aus meiner Sicht zu etwas Einzigartigem werden, das auch dann Bestand haben würde, wenn bereits etablierte Sprachtrainigsfirmen nachziehen und Live-Online-Sprachtraining mit ihrer jeweils speziellen Methode anbieten würden.

Ich bot der Frau bzw. späteren Projektpartnerin an, sie diesbezüglich zu beraten und zu versuchen, Fördermittel zu beschaffen.
Ich hatte damals gerade promoviert und suchte neue berufliche Herausforderungen.
Wir vereinbarten, dass wir alle zusätzlichen Einnahmen, die der zukünftigen Projektpartnerin durch meine Tätigkeit entstünden, zu gleichen Anteilen teilen würden.
Da ich anbot, erfolgsorientiert und bis zum Erfolg ohne Honorar zu arbeiten, sagte die Frau sofort zu und war somit meine Partnerin in einem spannenden, neuen Projekt.
Sie hat mich einfach machen lassen, und so nahmen die Sachen ihren Lauf.
Die Projektpartnerin hat zu der Idee von dieser Art der Kooperation und zur Initiierung der gesamten Kooperation gar nichts beigetragen, außer dass sie die besagte Live-Online-Sprachtrainingsfirma hatte.

Ich musste meine Projektpartnerin in den ersten Wochen erst anhand meiner Konzepte und Vorarbeiten überhaupt erst überzeugen, dass das Projekt sinnvoll und zukunftsfähig war.
Erst seitdem alles Grundlegende von mir konzipiert und klar und verständlich dargestellt und von der Nationalagentur Bonn bestätigt worden war, begann meine Projektpartnerin, sich überhaupt dafür zu interessieren.

Dieter Fragner:
Wie sind Sie denn zum Thema „Live-Online-Trainerfortbildung“ gekommen?

Dr. Ilona Hündgen:
Ich begann mit der Fördermittelrecherche und war – auf eigene Initiative hin – einmal pro Woche bei meiner Projektpartnerin in Ismaning, um die erforderlichen Abstimmungen vornehmen zu können.
Auch diesen einen Tag in Ismaning hatte ich jedesmal bis zum Abend fast ausschließlich allein mit Recherchen verbracht.
Ein Hauptproblem bestand damals darin, dass meine damalige Projektpartnerin bis zum Abend ihrem Beruf nachgegangen ist und so gut wie keine Zeit zum Sprechen und zum gemeinsamen Arbeiten hatte.
Nach Feierabend habe ich der Projektpartnerin jedesmal die Ergebnisse meiner Wochenrecherche erläutert und grundlegende Dinge erklärt.

Meine Projektpartnerin war keine Akademikerin und keine Pädagogin. Sie hatte zudem bis dahin nie mit Fördermittelprojekten zu tun.
Es kostete mich viel zusätzliche Kraft und war doppelte Arbeit für mich, die Projektpartnerin über alles zu informieren und mit einzubeziehen.
Aber die Förderung des Unternehmens der Projektpartnerin war schließlich der eigentliche Sinn des Unterfangens: Somit musste die Projektpartnerin zumindest grundlegend auch verstehen, was fachlich gemacht werden sollte.
Insbesondere auch das Didaktik-Thema war der Projektpartnerin weitestgehend fremd. Sie konnte sich anfangs nicht vorstellen, „was im Bereich Didaktik überhaupt erforscht werden“ könne.

Zunächst suchte ich ein geeignetes Fördermittelprogramm.
Das richtige Programm zu finden, ist nicht einfach, denn es gibt Hunderte von Fördermittelprogrammen.
Ich habe anfangs mehrere Wochen lang nur nach einem passenden Förderprogramm gesucht.
Zunächst habe ich mich nach regionalen (bayerischen), dann nach nationalen und zuletzt auch nach europäischen und internationalen Fördermitteln erkundigt.
In der Region (hier bietet z.B. die IHK mehrere Programme an) und im nationalen Bereich (z.B. beim Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie) gibt es Fördermittel, die man als Technologieunternehmen beantragen kann, ohne Projekte durchzuführen.

Im Rahmen der Recherche zeigte sich jedoch, dass für Bildungsunternehmen, die nicht zugleich Technologiefirmen sind, nur Projektförderung infrage kam.
Deshalb habe ich mich gezielt nach nationalen und europäischen Fördermittelprojekten umgesehen.
„Projektförderung“ bedeutete in unserem Fall, dass wir gemeinschaftlich mit anderen (deutschen, europäischen oder internationalen) Partnern ein Projekt durchführen und dafür Fördermittel erhalten würden.
Bei der europäischen Projektförderung fand ich schließlich spezielle Förderprogramme für den Sprachunterricht.

Während dieser ersten Wochen hatte ich so gut wie keine Unterstützung und nutze die wenigen gemeinsamen Stunden dazu, der Projektpartnerin das Erreichte zu erklären und meine Konzepte möglichst gut an das zu fördernde Unternehmen anzupassen.

Dies alles erfolgte vollständig unentgeltlich.

Dieter Fragner:
Wer hat Sie in dieser Zeit finanziert?

Dr. Ilona Hündgen:
Niemand. Ich habe vorinvestiert.
Vereinbart war, dass wir partnerschaftlich arbeiten wollten. Die Projektpartnerin war also nicht meine Auftraggeberin, sondern wir waren vollständig gleichberechtigte, unabhängige Partner in einem Kooperations-Verhältnis.
Wir vereinbarten, dass ich die Konzepte bzw. den Antrag erstellen würde.
Meine Projektpartnerin sollte dann die Produkte, die aus dem Projekt stammen würden, kommerzialisieren.
An der Kommerzialisierung sollte ich entsprechend in gleichem Maße beteiligt werden wie meine Projektpartnerin, ohne dafür später noch etwas tun zu müssen.
Das war, wie ich damals dachte, mein Investment in die Zukunft.
Meinen Teil der vertraglich vereinbarten Leistung habe ich vollständig und erfolgreich erbracht.

Dieter Fragner:
Was haben Sie gemacht, nachdem Sie ein passendes Programm gefunden hatten?

Dr. Ilona Hündgen:
Es gab mehrere Programme für Sprachtraining. Jedoch ging es hierbei zumeist um Sprachaustausch, Sprachenlernen und ähnliche Bereiche.
Nur in einem Programm wurde die Entwicklung von Train-the-Trainer-Programmen, z.B. von Kursen, gefördert.
Dort haben wir dann letztendlich auch teilgenommen.
Es hat mich erneut viel Arbeit gekostet, das Thema so zu konkretisieren, dass zuletzt nur noch ein Programm, nämlich Leonardo da Vinci, infrage kam.
Letztlich hat die Nationalagentur Bonn und später auch die Nationalagentur Wien meine Analyse und schriftliche Anfrage bestätigt.

Dieter Fragner:
Wie sind Sie denn auf die Themen „Trainerausbildung“ und „Live-Online-Training“ gekommen?

Dr. Ilona Hündgen:
Das Thema „Live-Online-Sprachtraining“ lag nahe, weil die besagte Projektpartnerin damals eine kleine Live-Online-Sprachschule mit einem eigenen Live-Online-Trainer-Netzwerk betrieb.
Das Unternehmen der Projektpartnerin war für damalige Verhältnisse sehr innovativ, auch wenn nur einfacher Sprachunterricht, ohne irgendeine spezielle übergeordnete Methodik, in Live-Online-Lernräumen über das Internet durchgeführt wurde. Das machte damals sonst kaum jemand.

Die Idee, eine Trainerfortbildung mit Drittmitteln entwickeln zu lassen, war allein meine Idee.
Ich stamme aus einer Lehrerfamilie, hatte eine Lehreramtsstudium mit anschließendem Referendariat abgeschlossen, war zertifizierte Live-Online-e-Moderatorin und hatte zuvor bereits eine Live-Online-Trainerfortbildung evaluiert.
Ich komme also aus dem Bereich des Live-Trainings (Präsenztraining und Live-Online-Training) und war damals bereits als Live-Online-Expertin bekannt.
Als ich der Projektpartnerin meine Idee der Trainerfortbildung vortrug, zögerte sie zunächst. Sie wollte lieber Trainingsmaterialien für den Sprachunterricht entwickeln lassen.
Dafür gab es jedoch keine Fördermittel.

Letztendlich fand ich heraus, dass gerade ein Train-the-Trainer-Kurs als Live-Online-Training hochinnovativ und mit Abstand das Erfolgversprechendste war, was wir machen konnten.
Zum einen hatte es bis dahin weder in Deutschland noch in Europa jemals ein Live-Online-Bildungsprojekt gegeben.
Zweitens gab es schon gar keine Live-Online-Didaktik mit speziellen Unterichtsmethoden, weder für den Sprachtrainingsbereich noch für einen anderen Bereich.
Einen Trainerfortbildungskurs mit einer solche spezifischen Didaktik zu erstellen, war nun mein Ziel, denn Methodik, Didaktik und professionelle Unterrichtsplanung waren und sind meine Spezialgebiete.

Für guten Unterricht benötigt man gute Unterrichtsmethoden und einen modernen, tragenden Forschungsansatz, den ich mitbrachte und der u.a. auch bereits Grundlage in meine Dissertation „Hypermediakompetenz“ gewesen war.
Hinzu kam, dass ich gut schreiben kann. Jeder hat so seine Schwerpunkte, und das sind eben meine. Ich hatte in und nach meiner Studienzeit etliche universitäre Texte für Familie und Freunde überarbeitet.

Unser Berater bei Nationalen Agentur Wien teilte mir, nebenbei gesagt, später entsprechend im Rahmen der LANCELOT-Kick-Off-Veranstaltung in Wien persönlich mit, dass mein LANCELOT-Antrag der „beste Antrag“ gewesen sei, der „jemals bei der Nationalagentur Wien eingereicht worden“ sei.
Das machte mich natürlich über das Erreichte hinaus stolz, zeigte mir, dass wir auf dem richtigen Weg waren und gab mir anschließend Selbstvertrauen und Motivation für zwei weitere Projektanträge.

Dieter Fragner:
Wie sind Sie damals weiter vorgegangen, nachdem Sie ein geeignetes Förderprogramm und das Projektthema gefunden hatten?

Dr. Ilona Hündgen:
Ich hatte von Beginn an alles Erforderliche im Rahmen von regelmäßigen Telefonaten mit der deutschen Nationalagentur koordiniert.
Meine Ansprechpartnerin bei der Nationalagentur Bonn war damals Frau Engels.
Ich erhielt von Frau Engels wertvolle Unterstützung und die Sicherheit, das wir bei ihr mit der Beantragung an der richtigen Stelle waren.

Auch als kleines Unternehmen wurden wir damals von der Nationalagentur Bonn ermutigt zu forschen und die Dinge in die Hand zu nehmen.
Ich hatte vorher bezweifelt, auf der europäischen Ebene als kleines Unternehmen überhaupt wahrgenommen und unterstützt zu werden.
Diese Befürchtung erwies sich jedoch als vollkommen unbegründet.

Nachdem nur noch zwei Bildungsprogramme infrage kamen, ließ ich mich von den Ausschreibungen des von mir favorisierten Programms leiten.
Grundlegende Informationen, Formulare, Leitfäden und Finanzhandbücher gab es im Internet.

Im Programm „Leonardo da Vinci“ musste man gleich zu Anfang fast alles fertiggestellt haben und sogar die Letters of Intent (= die Absichtserklärungen der stillen, passiven Projektpartner) mit einreichen.
Das war eher ungewöhnlich. Bei viele Programmen ist anfänglich nur eine kurze Projektidee einzureichen.

Nach einiger Zeit konnte ich einen Bekannten von mir, der ein Schüler eines Schülers meines Doktorvaters und damals kurz zuvor Professor an der Universität Wien geworden war, als zukünftigen Projektkoordinator für das LANCELOT-Projekt gewinnen. Dritter Ko-Initiator des LANCELOT-Projekts wurde auf diese Weise die Universität Wien.

Seitdem die Universität Wien die koordinierende Einrichtung werden sollte, war unser Ansprechpartner nicht mehr die Nationalagentur Deutschland, sondern die Nationalagentur Wien.
Auch hier hielt ich die Fäden weiterhin in der Hand und erledigte alle Absprachen mit der Nationalagentur bis wenige Wochen vor Einreichung des finalen Antrags selbst.
Auch die Nationalagentur Wien ermutigte uns jederzeit zu der Einreichung und gab mir über mehrere Wochen hinweg wertvolle Hinweise.

Die Nationalagentur Wien teilte mir jedoch auch gleich beim Erstkontakt mit, dass wir uns nach weiteren Partnern aus unterschiedlichen europäischen Ländern umsehen sollten.
Vom Programm vorgeschrieben waren zwar nur zwei Projektpartner aus zwei Ländern. Mir wurde jedoch mitgeteilt, dass dies für den Antrag mit großer Sicherheit nicht ausreichen würde.

Dieter Fragner:
Wie haben Sie daraufhin die restlichen Partner so schnell gefunden?

Dr. Ilona Hündgen:
Die Projektbeschreibungen und Rollenverteilungen hatte ich gleich zu Beginn fertiggestellt. Nach diesen Vorgaben haben meine Projektpartnerin und ich gemeinsam die restlichen Projektpartner akquiriert.
Ich habe zusätzlich Partner- und Anforderungsprofile erstellt, die wir in europäische Projekt-Datenbanken gestellt haben. Einige Partner haben sich auf diese Weise gemeldet.
Abgesehen von einem Partner habe ich sämtliche deutschsprachigen aktiven und stillen Partner akquiriert. Ich habe auch die Aufgaben sämtlicher Partner, auch die der stillen Partner, festgelegt und in den Projektantrag gebracht.

An dem LANCELOT-Antrag waren alle meine Teile (ich kann hier nur für mich sprechen) extrem aufwendig: die Einordnung in die Programmatik, die Beschreibung der Inhalte und Ziele, die Darlegung des augenblicklichen Forschungsstandes (state of the art) und die Abgrenzung von ähnlichen Projekten, die Entwicklung und Beschreibung der speziellen LANCELOT-Methodik, die Idee der Entwicklung einer europäischen Zertifizierung, die Partnerbeschreibungen, die Arbeitspakete, die Festlegung der Ziele und Aufgaben, die Beschreibung der Aufgaben der Projektleitung, der Evaluation und des Qualitätsmanagements, die Erarbeitung des Zeitplans, die Erarbeitung der Test- und Bewertungsverfahren (Unterrichtsproben im Live-Online-Raum) usw.

Ich konzipierte das Projektkonsortium so, dass das gesamte Projekt so auf mein Projektpartnerin zugeschnitten war, dass meine Projektpartnerin den zu entwickelnden Kurs optimal und möglichst allein europaweit vermarkten konnte.

Interessant ist an dieser Stelle vielleicht noch, dass ich früher einen Freund hatte, der als Informatiker an der RWTH Aachen an Forschungsprojekten teilgenommen und auch selbst ein E-Learning-Projekt koordiniert hatte.
Auf diese Weise wusste ich bereits im voraus gut, welche Probleme in solchen großen, internationalen Projektteams aus Sicht des Projektleiters auftreten können.
Deshalb spielte in meiner Planung das Zusammenspiel von Projektmanagement, Evaluation und Qualitätsmanagement eine besonders wichtige Rolle.
Die bekannten Probleme konnte ich durch entsprechende Planung ausschließen.
Dafür gab es später ganz andere Schwierigkeiten. Aber irgendwelche unvorhergesehenen Dinge passieren ja immer.

Dieter Fragner:
Wie ging die Arbeit am Projektantrag voran, nachdem Sie den Koordinator gefunden und eingesetzt hatten?

Dr. Ilona Hündgen:
Leider war der Professor nach ein paar ersten kurzen Absprachen gleich wieder bis kurz vor Einreichung des „Kleinen Antrags“ in Urlaub.
Auch meine Projektpartnerin war derzeit für längere Zeit in Urlaub, so dass, wie bisher, nahezu alles an mir hängenblieb.
Da ich jedoch bis dahin ohnehin die einzige war, die die Programme kannte und alle wesentlichen Konzepte und Unterlagen entwickelt hatte, machte ich einfach wie bisher weiter.

Eingereicht wurde in einem zweistufigen Verfahren zunächst der sogenannte „kleine Antrag“ im Umfang von ca. 40 Seiten (Erstversion) und zum anderen der „große Antrag“ (ca. 90 Seiten, eingereichte Endversion).
Nachdem die Deadline für den „Kleinen Antrag“ bekannt und relativ nahe war, ging es schnell nur noch darum, so zügig wie möglich alles Erforderliche für die Einreichung fertigzustellen.

Spätestens seit dieser Zeit habe ich kontinuierlich full-time gearbeitet und nichts anderes mehr gemacht.
Insgesamt ca. 9 Monate habe ich mit dem LANCELOT-Projektantrag verbracht.

Nachdem die Nationalagentur Wien den Kleinen Antrag akzeptiert hatte, organisierte ich das Antragsformular für den Großen Antrag und arbeitete daran weiter.
Währenddessen arbeiten meine Projektpartnerin und der dritte Ko-Initiator gemeinsam am Finanzplan.

Zum Schluss haben wir die Einreichung mit vereinten Kräften zeitlich gerade noch so geschafft.

Dieter Fragner:
Sie schreiben, dass Sie den LANCELOT-Projektantrag maßgeblich verfasst haben. Wie ist denn das genau abgelaufen?

Dr. Ilona Hündgen:
Zunächst habe ich eine kleine Projektskizze verfasst, die aber letztendlich nicht gebraucht und entsprechend verworfen und nicht eingereicht wurde.
Dann habe ich alle inhaltlichen, systematischen, aufgaben- und partner-bezogenen Teile des Projektantrags maßgeblich verfasst. Das war unglaublich viel Arbeit, gerade auch zum Schluss hin, als jedes Kapitel perfekt und alles dasein musste.
Der gesamte LANCELOT-Projektantrag hatte 91 Seiten.
Der Koordinator des Projekts hat den Kleinen Antrag und den Großen Antrag jeweils kurz vor der Einreichung einmal durchkorrigiert.
Den Finanzplan haben maßgeblich die beiden anderen Ko-Initiatoren erstellt. Die ersten Budget-Planungen haben wir drei Ko-Initiatoren gemeinsam vorgenommen, aber am Schluss hatte ich mit den Finanzplanungen nichts mehr zu tun.

Dieter Fragner:
Haben denn die übrigen LANCELOT-Projektpartner bei der Erstellung der Arbeitspakete für den Projektantrag geholfen?

Dr. Ilona Hündgen:
Das ist eine gute Frage, denn normalerweise liefern die Projektpartner den Input für ihre spezifischen Arbeitspakete selbst.
Dies war jedoch bei uns nicht der Fall, weil ich alles bereits durchgeplant und beschrieben hatte.
Das hatte den Vorteil, dass alle Ausführungen kompakt geschrieben, einheitlich und in sich schlüssig waren.
Die Partner haben von mir nach der Einreichung den fertigen Antrag in deutscher Sprache zugeschickt bekommen.
Die Deutschsprachigkeit des Projektantrags war für die englischsprachigen Partner ein großes Problem.
Natürlich mussten alle Partner den Antrag kennen, weil im Antrag alles beschrieben ist, was gemacht werden soll.
Irgendwie hat dieses Problem jeder Projektpartner für sich gelöst.

Wenn die Partner am Antrag hätten mitarbeiten sollen, hätten wir dazu den damals bestehenden Projektantrag oder Teilkonzepte ins Englische übersetzen müssen.
Das war jedoch angesichts der knappen Zeit damals nicht möglich gewesen.
Zudem hatte ich das didaktische Konzept, das den Antrag erfolgreich gemacht hat, bereits vollständig im Kopf und zum Teil fertiggestellt. Es musste nur noch schnellstmöglich vollständig in den Antrag hinein.
In einer solchen Situation arbeitet man, zumal wenn Zeitdruck ist, besser allein.

Dieter Fragner:
Da sind Sie aber ganz schön, auch finanziell, in Vorleistung gegangen?

Dr. Ilona Hündgen:
Ja, allerdings. Ich habe das riskiert, weil die Konzept- und Antragserstellung zunächst vollständig in meiner Hand lag.
Da ich wusste, dass ich mein Handwerk kann und ich recherchiert hatte, dass das Thema innovativ war und es bis dahin keine vergleichbaren Forschungsprojekte gegeben hatte, bin ich das Risiko gerne eingegangen.
Ich wusste, dass wir aufgrund der Innovation meiner Projektidee eine gute Chance hatten, dass der Antrag angenommen würde.
Größere Zweifel kamen nur einmal an der Stelle auf, als wir erfuhren, dass es einen Konkurrenzantrag gab.
Ich hatte damals einen Projektpartner erfolgreich für das LANCELOT-Projekt angeworben, der dann jedoch seinerseits wenige Wochen vor der Einreichungs-Deadline in kürzester Zeit ein eigenes Projektteam zusammengestellt und, ebenfalls bei der Nationalagentur Wien, einen Konkurrenzantrag zu einem ähnlichen Thema eingereicht hat.
In dem Konkurrenzantrag ging es zwar nur teilweise um Live-Online-Training, aber wir mussten trotzdem befürchten, dass nur einer der beiden ähnlichen Anträge durchkommen würde.
Zum Glück wurden jedoch schlussendlich von der Nationalagentur beide Projekte genehmigt.

Dieter Fragner:
Wer hat denn den Namen „LANCELOT“ erfunden?

Dr. Ilona Hündgen:
Ich habe zwar in den ersten Wochen so gut wie vollständig allein an der Fördermittelrecherche und an den grundlegenden Konzepten gearbeitet, und es hatte längere Zeit gedauert, meine Projektpartnerin vom Sinn des geplanten Projekts zu überzeugen.
Doch eines Tages, als ich mal wieder in Ismaning war, kam die Projektpartnerin mit möglichen Namen für das Projekt an, die ihr an der Isar eingefallen waren.
Das war aus meiner Sicht der Durchbruch, weil ich nun sicher war, dass sich die Projektpartnerin endlich für das Projekt interessierte.
Der Name „LANCELOT“ war ein wirklich guter Vorschlag. Jedoch wusste meine Projektpartnerin damals nicht, was die beiden Buchstaben „CE“ im Namen „LANCELOT“ bedeuten könnten.
Mir war sofort klar, dass dieser Name optimal war, und dass das „CE“ für „Certified“ stehen würde. Schießlich war die Zertifizierung tragender Bestandteil meines Gesamtkonzepts.
Nachdem ich meiner Projektpartnerin erläutert hatte, dass auch das „CE“ aus den genannten Gründen mehr als passend war, stand der Projektname ohne jede weitere Diskussion fest.
LANCELOT ist jetzt die Abkürzung für „LANguage Learning by CErtified Live Online Teachers“, das passte wunderbar.
Der dritte Ko-Initiator und spätere Koordinator des LANCELOT-Projekts war derzeit noch nicht beteiligt.

Dieter Fragner:
Woher hatten Sie denn die Kompetenzen, einen solchen Projektantrag zu entwickeln?

Dr. Ilona Hündgen:
Ich hatte vor der Promotion als Lotus-Notes- und E-Learning-Beraterin bei Lotus Development/IBM gearbeitet.
Durch meine universitäre Ausbildung im Bereich Pädagogische Psychologie, durch die Referendariatsausbildung, durch Erfahrungen als Evaluatorin von Live-Online-Schulungen hatte ich bereits zahlreiche didaktische Ideen für das E-Learning entwickelt.
Diese Ideen konnte ich aber damals als Angestellte in Unternehmen noch nicht umsetzen. Dies war erst im Rahmen der EU-Projektanträge möglich.
In der Forschung bieten sich Möglichkeiten, Neues zu erschaffen und anschließlich mit den passenden Partnern wirtschaftlich umzusetzen.

Dieter Fragner:
Wie wichtig ist es für Sie herauszustellen, dass Sie mit LANCELOT eines der ersten Live-Online-Bildungsprojekte in Europa miterfunden und ko-initiiert haben?

Dr. Ilona Hündgen:
Strenggenommen bin ich, wie bereits dargestellt, aus meiner Sicht nicht nur die „Miterfinderin“, sondern die alleinige oder zumindest die maßgebliche Erfinderin des LANCELOT-Projekts.
In jedem Fall bin ich jedoch die „maßgebliche Initiatorin / Ko-Initiatorin“ des LANCELOT-Projekts.
Das Referenzschreiben der damaligen Projektpartnerin zur damals bestehenden Kooperation zeigt, dass sowohl die Idee zur Fördermittelrecherche als auch die Projektidee und die Projektkonzeption von mir kamen.
Ich sage das hier nur, weil es später genau hierzu Diskussionen gab.

LANCELOT war nicht nur „eines der ersten“ Bildungsprojekte im Live-Online-Bereich, sondern das erste Live-Online-Bildungsprojekt überhaupt in Europa, und das nicht nur im Sprachtrainingsbereich.
Ich hatte damals den aktuellen Stand der Forschung für den LANCELOT-Projektantrag maßgeblich selbst recherchiert, und das Ergebnis war genau dieses.
Deshalb war der LANCELOT-Projektantrag damals absolut innovativ in der Forschung.
Es gab 2004/2005 kein einziges Fördermittel-Projekt im Live-Online-Bereich, weder in Deutschland noch in Europa.

Als Erfinderin und maßgebliche Verfasserin des LANCELOT-Projektantrags bin ich nun die „Begründerin der europäischen Drittmittelforschung im Live-Online-Bereich“.
Mir geht es aber nicht darum, „erste(r)“ zu sein.
Wichtig ist mir, dass Lern- und Entwicklungspotentiale von Menschen bestmöglich ausgeschöpft werden.
Es war einfach höchste Zeit für des Live-Online-Training.
Man kann mit dem Live-Online-Training mehr Lernende in weniger Zeit erreichen.
Das Live-Online-Training ist die Trainingsform mit dem größten Entwicklungspotential in den nächsten Jahrzehnten.
Kein Unternehmen, das seine Mitarbeiter fortbildet oder selbst Bildung anbietet, wird in Zukunft auf das Live-Online-Training verzichten können.

Dieter Fragner:
Vielen Dank Frau Dr. Hündgen für die Gewährung der Einblicke in die Fördermittelforschung und in die Entstehungsgeschichte des Projekts „LANCELOT“.


Autor:
Dieter Fragner, Unternehmensberater, Existenzgründercoach, in der KfW-Beraterbörse gelisteter Berater

 

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